Was bedeutet es, im Rettungsdienst zu arbeiten?
„Notfallsanitäter zu werden bedeutet, zu lernen, was wirklich zählt. In kurzer Zeit wird man mit den verschiedensten Situationen auf unterschiedlichen Ebenen konfrontiert. Die gesammelten Erfahrungen sind aber nicht nur für das Füllen von Büchern gedacht.
Erfahrungen sind wichtig, weil man sie, wie das in der Ausbildung Erlernte, immer wieder einsetzen und an ihnen wachsen kann.
In wenigen Berufen spielt die Zeit so eine zentrale Rolle, wie in diesem. Das bedeutet nicht, dass es in jedem Einsatz immer um Sekunden zwischen Leben und Tod geht. Vielmehr bedeutet es zu lernen, dass Zeit kostbar ist, weil sie begrenzt ist. Sich für jemanden Zeit zu nehmen, der in einer schwierigen, für ihn hilflosen Situation, ungeachtet vom eigentlichen Notfallbild ist, kann unglaublich erfüllend sein. Gleichzeitig vergeht die Zeit in der Ausbildung durch ihren abwechslungsreichen Ablauf wie im Flug.
Nicht nur die Ausbildung, sondern auch der Beruf ist vielseitig wie kein anderer. Jeder Dienst bringt neue Einsätze mit neuen Erfahrungen mit sich. Nach Feierabend und der Schichtübergabe an die Kollegen und Kolleginnen kann man zurückblicken und sich das Geleistete vor Augen führen. Tag für Tag und Nacht für Nacht ist man da, um einen Unterschied für die Menschen zu machen: Hilfe zu leisten wo sie gebraucht wird, Trost zu spenden oder zusammen zu lachen und auch immer mal wieder ein Leben zu retten. Alle noch so kleinen und großen Momente machen den Beruf des Notfallsanitäters so besonders. All das macht unsere Ausbildung und unsere Arbeit wertvoll.“
Wie ist die Ausbildung allgemein aufgebaut?
Aufgeteilt ist unsere Ausbildung in mehrere Abschnitte. Wir sind entweder an der Rettungswache in Holzminden oder Stadtoldendorf, an unserer Schule der Johanniter- Akademie in Hannover oder auf unterschiedlichen Stationen im Klinik-Block.
Wir haben damit die Möglichkeit, verschiedene Eindrücke und Erfahrungen in unterschiedlichen Bereichen theoretisch sowie praktisch zu sammeln, Fähigkeiten zu erlernen, auszubauen und zu erweitern und Wissen zu festigen und zu ergänzen. Kommunikation und Teamwork sind dabei wichtige Bestandteile der Ausbildung.
Die Kolleg:innen von denen wir lernen dürfen, zeigen uns auf unterschiedliche Art und Weise, wie unsere Arbeit später aussehen könnte, vermitteln uns Tipps und Tricks bei der Anwendung von Materialien und Techniken und unterstützen uns bei der Entwicklung hin zur Verantwortung und Handlungsfähigkeit.
Die Praxis auf der Wache besteht nicht nur aus dem Kennenlernen der Arbeit des Rettungsdienstes, sondern auch aus der Zusammenarbeit mit unseren Praxisanleitenden. An einigen Tagen wird die Theorie und Praxis gemeinsam wiederholt, bestimmte Themen aufgegriffen und durchgearbeitet und praxisnah trainiert (Fallbeispiele, Reanimation, Techniken etc.).
Auch in Sachen Finanzen gab es bisher kaum Probleme: Durch die Unterstützung des Landkreises in Sachen „Trennungsgeld“ können Fahrtkosten und Unterkünfte von externen Blöcken (Klinik oder Schule) erstattet werden. So wird für uns nicht nur die Ausbildung
erleichtert, sondern auch alles was privat dahintersteht.
Welche Themen werden in der Schule behandelt? Ein Einblick ins 1.Lehrjahr
Während unserer bisherigen Schulzeit schauten wir uns an, was das Berufsfeld des Rettungsdienstes medizinisch, einsatztaktisch, psychologisch, organisatorisch und rechtlich bedeutet. Kommunikation, Teamwork, Verhalten in Notfallsituationen, Algorithmen und Abläufe sowie Untersuchungen zählen ebenfalls dazu. Einen großen Teil bilden hier die medizinischen Grundlagen wie die Anatomie und Physiologie, die einen Grundstein für das Verständnis von Notfallbildern sind. Neben der Theorie wird in der Schule auch sehr praxisnah gelernt und trainiert. Zum fast alltäglichen Geschehen zählen unsere Fallbeispiele, die je nach Themenblock in Teams durchgeführt werden. Die Teams sind anfänglich sehr individuell und können wechseln, sind aber größtenteils beständig. Man lernt mit dem Teampartner oder der Teampartnerin zu arbeiten, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden und diesen stetig auszubauen.
Die Fallbeispiele stellen reale Einsätze als Übungseinheit dar, sodass das theoretische Wissen direkt im Anschluss praktisch angewendet werden kann. So z.B. können wir Symptome – gespielt – auf die Realität übertragen und dabei lernen, Materialien, Abläufe und Taktiken auf die Gegenwart zu projizieren und auf die Krankheitsbilder und Patienten und Patientinnen anzuwenden.
Der Umgang mit Materialien und Equipment des Rettungsdienstes wird in der Schule erlernt. Hierzu zählen invasive und nicht-invasive Maßnahmen – von der Blutdruckmessung über die Luftkammerschiene hin zum intravenösen Zugang etc. Das praktische Training verhilft dabei, Krankheitsbilder einzuschätzen, passende Einsatztechniken zu wählen, die richtige Maßnahmen zu erlernen und auf die passende Situation zu übertragen. Es geht aber auch darum, mutiger und selbstbewusster im Umgang mit eben diesen Maßnahmen und gleichzeitig mit der sicheren und angepassten Kommunikation zu werden. Dabei ist es kein Übel, Fehler zu machen, sondern das ganze Gegenteil. Wir erlernen ein positives Fehlermanagement um reflektiert und verantwortungsbewusst handeln zu können. Besonders zu Beginn der Ausbildung und zu Beginn des praktischen Trainings ist es eine Herausforderung, sich Fallbeispielen zu stellen. Man hat vielleicht Angst, vor die Klasse zu treten und/ oder Fehler zu machen. Je positiver das eigene Fehlermanagement dabei wird und je häufiger die Fälle durchlaufen werden, desto sicherer und mutiger wird man.
In der Schule steht uns die „San-Arena“ zur Verfügung, in welcher unterschiedliche Szenarien realitätsnah trainiert werden können. Die Szenarien bestehen aus einer Wohnung mit Wohnzimmer, Küche, Bad und Schlafzimmer, einer Notaufnahme, einer Bushaltestelle und einem angrenzenden Außenbereich mit Baustelle, einem Rettungshubschrauber, einem Rettungswagen sowie einer großen Übungsfläche. Dies alles ermöglicht das Darstellen realer Szenarien und damit das hineindenken in den Rettungsdienst-Alltag.
